Die Orgel der Stiftskirche in Bad Boll wurde 1970 von Kurt Oesterle, Albershausen, errichtet. Den zeitlosen Prospekt entwarf Dr. Walter Supper, Esslingen, in seinem klar erkennbaren Personalstil. 1994 erfolgte eine erste Ausreinigung der Orgel sowie eine Nachintonation durch die Firma Scharfe. Mit den 2021 turnusgemäß erfolgten Arbeiten, die eine umfassende technische Überarbeitung und Instandsetzung aller Bauteile einschlossen, wurde unsere Werkstätte betraut, als beratender OSV wirkte Thomas Haller, Aalen, mit, dem wir ebenso danken möchten wie dem Organisten Herrn Michael Vollmer für sein großes Engagement und der Kirchengemeinde für das uns entgegengebrachte Vertrauen.
Das Arbeitspensum umfasste u.a. die Verbesserung der Windanlage (mehr Volumen, Einsatz von Trapezfedern), die Überholung der Schleifenzugmotoren, die Abdichtung des Schwellwerkes, das Neubelegen der Klaviaturen sowie eine Verbesserung der Stimmzugänglichkeit. Neue spielerische Möglichkeiten ergaben sich durch den Einbau einer Setzeranlage (was auch die beiden neuen Oktavkoppeln im SW ermöglichte). Diverse Registerumstellungen und eine  Neuintonation des gesamten Werkes brachten weitere Verbesserungen im Hinblick auf ein stimmiges Gesamtkonzept.
Das Hauptwerk erhielt eine neue milde Traversflöte 8′  anstelle von Quintadena 16′, deren Bassoktave nun hinter der Orgel steht und bei gezogener Subkoppel als 16′-Ergänzung fungiert. Die alte Violflöte überließ ihren Platz einer aparten Gamba mit Kastenbärten und verzögerter Ansprache. Die alte Hohlflöte 2′ wurde eine Oktave tiefer eingerichtet, dafür konnte Octave 2′ als Vorabzug aus der im Aufbau etwas veränderten Mixtur generiert werden. Aus dem alten Pedalfagott 8′ konnte die Basslage der im Hauptwerk neu installierten Trompete 8′ gewonnen werden.
Im Schwellwerk fand die alte Violflöte als Salicional eine neue Aufgabe (ab c°, C-H aus Quintade). Sifflöte 1′ entfiel zugunsten einer Schwebung 8′ ab c°.
Im Pedal wurde ein Gedacktbass 8′ als Extension mit Rückschlagklappen realisiert und somit wertvoller Platz gewonnen. Als neue Basis des gesamten Orgelklanges dient nun ein weites Fagott 16′ (volle Länge ab E) mit belederten Kehlen.
In der würdigen romanischen Pfeilerbasilika erklingt die Oesterle-Orgel nunmehr in spürbar veränderter Form. Sie verfügt immer noch über genügend Brillanz, konnte aber an Gravität und charaktervollen Stimmen gewinnen. Was Gräfin Berta von Ravenstein als Stifterin der Kirche wohl dazu gesagt hätte? Wir hoffen, dass sie unseren Bemühungen mit Wohlwollen begegnet wäre.


I HAUPTWERK C-g’’’
Principal   8'
Flauta   8'
Gamba   8'
Octave   4'
Hohlflöte   4'
Octave   2'
Mixtur   1 1/3'
Trompete   8'
II SCHWELLWERK C-g’’’
Schwebung   8'
Salicional   8'
Gedeckt   8'
Blockflöte   4'
Nasat   2 2/3'
Doublette   2'
Terz   1 3/5'
Scharf   1'
Hautbois   8'
Tremulant  
PEDAL C-f1
Subbass   16'
Octavbass   8'
Gedecktbass 1 8'
Choralbass   4'
Fagott   16'

1 Extension

Normalkoppeln, II Sub, Super II, Sostenuto II, Setzer, Registerfessel, Tutti, Pleno
Temperierung: Degler 1 1/2 "symphonisch"