Im Jahr 1961 wurde die Orgel der Martinskirche als Opus 1062 der Firma Weigle aus Echterdingen erbaut und 1972 im von Wolfgang Adelung herausgegebenen Bildband „Orgeln der Gegenwart“ mit scharfkonturierter Schwarzweißabbildung und Disposition publiziert. Offenbar hielt man sie für würdig, in den anregenden Überblick über den damals aktuellen Orgelbau ausgewählt zu werden, ein für uns heute typisches Beispiel des Neobarock mit den bekannten Stärken und Schwächen.
Die nun von unserer Werkstätte durchgeführten Arbeiten können 55 Jahre später die mittlerweile gewandelten Ansprüche der Gegenwart für sich geltend machen. Die Maßnahmen erfolgten in Kooperation mit Orgelbaumeister Tilman Trefz aus Kernen-Rommelshausen, der die Intonationsarbeiten übernahm, und unter beratender Mitwirkung von Prof. Volker Lutz als Sachverständigem, dessen Vater KMD Walther Lutz die ursprüngliche Disposition der Weigle-Orgel erstellt hatte.
Über die üblichen Reinigungsarbeiten hinaus wurden nach gründlichen Erwägungen etliche Register umgestellt, gerückt oder ausgetauscht. Dabei wurde die solide Grundstruktur des Werkes beibehalten, die Klanglichkeit jedoch bei der abschließenden Neu- und Umintonation in Richtung Tragfähigkeit und Mischfähigkeit weiterentwickelt. Darüber hinaus erfolgte die Installation einer neuen elektronischen Setzeranlage (System Sinua), die auch die Nutzung weiterer neuer Möglichkeiten einführt: von frei programmierbaren Koppeln bis hin zur Midi-Fähigkeit.
Die Orgel der Martinskirche mit ihrem von Dr. Walter Supper entworfenen klar strukturierten Gehäuse und dem zeittypischen Weigle-Spieltisch atmet noch immer den Geist des Neobarock und unterscheidet sich damit deutlich von heute neugebauten Orgeln. In der nun modifizierten Fassung haben sich ihre Ausdrucksmöglichkeiten allerdings beträchtlich erweitert, so dass wir sie heute erneut als „Orgel der Gegenwart“ zur Diskussion stellen möchten.


I HAUPTWERK
Bourdon   16'
Prinzipal   8'
Spitzflöte 1 8'
Viola da Gamba 1 8'
Oktave   4'
Nachthorn 2 4'
Quinte 2 2 2/3'
Superoctave 5 2'
Terz 2 1 3/5'
Mixtur 4 2'
Trompete 1 8'
II SCHWELLWERK
Flöte   8'
Salizional 1 8'
Schwebung 1 8'
Prinzipal   4'
Blockflöte   4'
Nasat   2 2/3'
Doublette   2'
Terz   1 3/5'
Quinte   1 1/3'
Trompete 1 8'
Oboe 3 8'
Clairon   4'
Tremulant  
III OBERWERK
Gedackt   8'
Quintade   8'
Viola 2 4'
Rohrflöte   4'
Prinzipal   2'
Oktävlein 5 1'
Sesquialter   2 2/3'
Scharff 4 1'
Krummhorn   8'
Tremulant  
PEDALWERK
Prinzipalbass   16'
Subbass   16'
Oktavbass   8'
Gemshorn   8'
Oktave 3 4'
Nachthorn   2'
Hintersatz   2 2/3'
Fagott   16'
Posaune   8'

1 ganz oder teilweise neu

2 gerückt oder umgestellt

3 aus Lagerbestand neu eingebaut

4 Zusammensetzung verändert

5 Vorabzug

neues Röhrenglockenspiel (25 Töne) an I, II, III und Ped zuzuordnen, schaltbare Dämpfung
komplette Orgel midifiziert, Midi In und Out, Fernbedienung für Stimmarbeiten
frei programmierbare Koppeln (Sinua), 7 Querkoppeln neu: II/I 16',   II/II 16',   II/II 4' durchkoppelnd, III/I 16',  III/II 16',  II/P 4',  III/P 4'
Normalkoppeln und Walze
Wind HW umschaltbar (atmend-starr)
Schweller wahlweise mechanisch oder elektrisch zu betätigen